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Die Natur zeigt uns nur den Schwanz des Löwen. (oder des Geparden?) Aber ich zweifle nicht daran, dass dazu ein Löwe gehört, obwohl er sich uns wegen seiner enormen Größe nicht gänzlich enthüllen kann.
Albert Einstein

Um der Vereinigung der Grundkräfte im Hyperraum näher zu kommen, benötigen wir dazu das mathematische Prinzip der Feldtheorie. Denn sie ist die universelle mathematische Sprache der Physik. Eingeführt hat die Felder Michael Faraday im 19. Jhd. Er stellte sich Kraftlinien vor, die in alle Richtungen, ähnlich wie die Ranken einer Pflanze, aus Magneten und elektrischen Ladungen in den Raum hinein wachsen und ihn ausfüllen. So vermochte er zum Beispiel jedem beliebigen Punkt im Raum mit nur drei Zahlen die Richtung und die Stärke der Kraft zuzuweisen. Die Gesamtheit dieser Zahlen an jedem Punkt im Raum als eine Einheit betrachtet bezeichnete er als Feld. Dieses Feldkonzept ist deshalb so leistungsfähig, weil sich alle Naturkräfte in diesen Feldern ausdrücken lassen. Nur eines fehlte noch: Die Gleichungen, denen diese Felder gehorchen!
Die Fortschritte der letzten hundert Jahre in der theoretischen Physik lassen sich eigentlich kurz und bündig mit der Suche nach den Feldgleichungen beschreiben. James Clerk Maxwell entwickelte um das Jahr 1860 herum die Feldgleichung für Elektrizität und Magnetismus. 1915 entdeckte Albert der Einstein die Feldgleichung für die Gravitation. Und in den 1970er Jahren gelangte man endlich zu den Feldgleichungen der subatomaren Kräfte, die C.N. Yang und sein Student R.L. Mills bereits 1954 entdeckt hatten. Es ist dies die Verallgemeinerung des Maxwellschen Feldes, welches das Licht beschreibt. Allerdings hat das Yang-Mills-Feld sehr viel mehr Bestandteile und kann eine elektrische Ladung besitzen, während das Photon keine solche Ladung trägt. Die klügsten Köpfe der Physik haben versucht all diese Feldgleichungen zu vereinen und sind gescheitert. Die Einsteinsche Gravitationsfeldgleichung scheint so viel anders zu sein als die subatomare. Wir stehen also wieder vor dem Gepardenkäfig. Unsere drei Dimensionen reichen nun einmal nicht aus, um alle Gleichungen in ihnen zu vereinigen. Mit der Hyperraumtheorie lassen sich das Yang-Mills-Feld, das Maxwellsche und das Einsteinsche Feld bequem im Hyperraum unterbringen. Dort fügen sie sich wie die Teile eines Puzzles ineinander.
Doch für noch etwas anderes, verblüffendes ist die Feldtheorie nützlich. Mit ihrer Hilfe können wir exakt berechnen, wieviel Energie nötig ist, um in Raum und Zeit Wurmlöcher zu bilden, um die Raum-Zeit zu tunneln und damit Reisen durch dieselbe möglich zu machen.



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Wir besitzen also die mathematischen Vorraussetzungen, um Maschinen zu bauen, die Raum und Zeit nach Belieben krümmen können, aber beileibe nicht die Energie dazu, dies auch wirklich zu tun. Wann dies soweit sein wird, dazu kommen wir später. Zunächst wollen wir sehen, wie die Mathematik in ihren zweitausend Jahre alten Schuhen dahin kam, auf dem Parkett der höheren Dimensionen zu tanzen.
Dies verdanken wir Bernhard Riemann, der in seiner berühmten Lesung an der Universität Göttingen am 10. Juni 1854 eine neue Geometrie geboren hat. Mit einem Geniestreich machte er die Welt mit den fantastischen Eigenschaften des Hyperraums vertraut. Und es war, als lasse er helles Sonnenlicht in ein dunkles, muffiges Zimmer. Er brachte die Stützpfeiler der griechischen Geometrie zum Einsturz, die solange den Angriffen aller Skeptiker standgehalten hatte. Die alte Geometrie des Euklid, in der alle geometrischen Figuren zwei- oder dreidimensional sind, brach zusammen und aus ihren Ruinen entstand die neue Riemannsche Geometrie. Das klingt alles sehr einfach, aber in anbetracht dessen, dass Euklids „Elemente“ nach der Bibel wohl das einflussreichste Buch aller Zeiten gewesen sein dürfte, war es das doch sicher nicht. Es sei ja wohl offenkundig, sagte Euklid selbst, dass ein Punkt keinerlei Dimension habe. Eine Linie hat eine Dimension – die Länge. Eine Ebene besitzt zwei – Länge und Breite. Ein fester Körper hat drei – Länge, Breite und Höhe. Und damit Schluss. Der Astronom Ptolemäus von Alexandrien setzte 150 n. Chr. Noch einen drauf. In seinem Buch „Über Entfernung“ erklärte er höchst einfallsreich, warum die vierte räumliche Dimension nicht möglich sei. Man solle drei Linien zeichnen, die alle senkrecht zueinander stehen, so wie die Ecke eines Würfels gebildet wird. Und dann solle man versuchen, eine vierte Linie, die ebenfalls senkrecht zu allen anderen steht, zu zeichnen, um festzustellen, dass dies beim besten Willen nicht möglich sei. Damit war für ihn die Sache klar. Doch bewiesen hat Ptolemäus damit eigentlich etwas anderes. Dass wir uns nämlich mit unserem dreidimensionalen Hirn nur einfach keine Vorstellung von der vierten Dimension machen können. Denn schließlich wissen wir heute, dass sich sehr viele Objekte in der Mathematik zwar nicht sichtbar machen, wohl aber beweisen lassen.

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Riemann erschien Euklids Geometrie zu einfach und steril gegenüber der ganzen Vielfalt der Welt. Gebirgsketten, Meereswellen, Wolken und Strudel sind nun mal keine vollkommene Kreise, Dreiecke oder Quadrate, sondern gekrümmte Objekte, die sich in unendlicher Vielfältigkeit biegen und verdrehen. Er begann in der zweiten Dimension. Er stellte sich ein flaches Blatt Papier vor, auf dem Bücherwürmer flach vor sich hin lebten. Nun ging er einen Schritt weiter. Er setzte die Würmer auf ein zerknittertes Blatt Papier. Was dächten die Würmer über ihre Welt? Natürlich wären auch sie der Meinung ihre Welt sei vollkommen flach. Doch beim Kriechen über die verknitterte Oberfläche würden sie eine geheimnisvolle, unsichtbare Kraft spüren, die sie daran hinderte sich in gerader Linie fort zu bewegen, da ihr Körper stets nach links oder rechts gedrückt würde.

Nach zweihundert Jahren war Riemann der erste Wissenschaftler, der sich über Newtons Fernwirkungsprinzip hinwegsetzte. Für ihn wirkte die Kraft nicht unerklärlicherweise von irgendwoher, sondern war einfach eine Konsequenz der Geometrie. Nun ersetzte er das Blatt Papier durch unsere dreidimensionale Welt, die in der vierten räumlichen Dimension zerknittert ist. Auch wir merken nicht, dass unsere Welt gekrümmt ist. Auch bei uns stimmt etwas nicht, da wir uns mit den geheimnisvollen, unsichtbaren Kräften, wie Magnetismus und Gravitation auseinander setzen müssen. Riemann gelangte also zu dem Schluss, dass diese Kräfte kein unabhängiges Eigenleben besitzen, sondern durch Verwerfung (Knittern) unseres Universums in der vierten räumlichen Dimension hervorgerufen werden.

Wie wir inzwischen wissen, gehört zu jeder wissenschaftlichen Entdeckung auch eine Gleichung, durch die diese sich beschreiben lassen muss, sonst hat die beste Entdeckung keinen Wert. Hier setzte Riemann beim Satz des Pythagoras an. Jedes Bauwerk unseres Planeten folgt diesen Gesetzen. Ohne Schwierigkeiten lässt sich dieser Lehrsatz in den dreidimensionalen Raum übertragen:





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Die Summe der Quadrate von drei anliegenden Kanten eines Würfels sind gleich dem Quadrat der Diagonale durch den Würfel, also a² + b² + c² = d². Dieses Spiel lässt sich nun beliebig fortführen. Wenn a, b, c, d, e.... die Kanten des Hyperwürfels sind (mal davon abgesehen, dass wir ihn uns nicht vorstellen können) und z die Länge seiner Diagonalen, so ist a² + b² + c²+ d² +e²... = z².
Hier muss ich kurz etwas einschieben, was Euch vielleicht hilft, Euch die Unvorstellbarkeit besser vorzustellen. Oder auch nicht. ? Also, „Flachländer“ z.B. können sich ja auch keine Vorstellung von einem dreidimensionalen Würfel machen, wohl aber eine begriffliche, nämlich indem sie ihn auffalten. Dann sieht der Würfel für einen Flachländer aus wie ein Kreuz, das aus sechs Quadraten besteht. Entsprechend können wir uns ja nun bedauerlicherweise keine Vorstellung vom besagten vierdimensionalen Hyperwürfeln machen. Doch wenn wir ihn auffalten, dann erhalten wir das dreidimensionale Pendant zum Kreuz, den so genannten Tesseract. LINK HYPERCUBE


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Das ist das Verrückte am Hyperraum. Auf einem zweidimensionalen Blatt Papier können wir ohne Probleme die Eigenschaften höherdimensionaler Objekte beschreiben und anwenden, von denen sich unser dreidimensionales Gehirn keine Vorstellung machen kann.
Da Riemann ein neues Objekt in die Mathematik einführen wollte, mit dessen Hilfe sich alle Flächen, ganz gleich wie kompliziert oder gekrümmt sie waren, beschreiben lassen, musste er geradezu zwangsläufig auf Faradays Feldkonzept zurückgreifen. Wir erinnern uns: Faraday wies jedem Punkt im Raum drei Zahlen zu, um die magnetische und elektrische Kraft an diesem Punkt zu beschreiben. Riemann ordnete nun jedem Punkt im Raum eine Reihe von Zahlen zu, die angeben, wie er verworfen oder gekrümmt ist. Dies ist heute der berühmte Riemannsche Maßtensor. Grundsätzlich ist die Verformung umso größer, je höher der Wert des Tensors. Das „Blatt“ kann noch so zerknittert sein - mit dem Maßtensor steht uns ein einfaches Mittel zur Verfügung, seine Krümmung an jedem Punkt im Raum zu messen. Würden wir das Blatt wieder vollständig glätten, kämen wir auf den Satz des Pythagoras zurück. Doch obwohl er uns mit seinem Maßtensor ein leistungsfähiges Mittel für die Beschreibung des gekrümmten Raumes in die Hand gab, wusste er nicht genau, welchen Gleichungen nun der Maßtensor selbst gehorchte. Das heißt auf gut Deutsch: Ihm war nicht klar, was das Blatt zerknitterte.

Aus gutem Grund werde ich nun auf einen Streifzug durch die Jahrzehnte der Physik, welcher den unendlich langen Mittelteil des Buches bildet, verzichten. In diesem Teil suchten unermüdliche Forscher nach einer Theorie, mit deren Hilfe sich die Kräfte im Hyperraum vereinen ließen, und fanden sie doch nicht. Ich muss gestehen, dass ich es sehr schwer hatte, mich durch den Dschungel der erfolglosen Hypothesen zu kämpfen. Detaillierte Ausführungen über das Standardmodell, GUT´s, Supergravitation und Störungsrechnungen begleiteten mich mehrere Wochen jeden Abend, ohne dass ich behaupten kann, sie alle wirklich verstanden zu haben. Der Autor selbst erwähnte hierzu, natürlich könne man erkennen, dass sich aus der Superstringtheorie (was zur Zeit die Créme der Hochenergiephysik ist) die Supergravitation, die Kaluza-Klein-Theorie usw. ableiten lasse, und sogar das baden gegangene Standardmodell finde sich in ihr wieder, doch man wisse nicht wie es dazu kommt. Dazu sei momentan noch niemand intelligent genug. Ich weiß nicht wie es Euch geht, aber mich tröstet das. Obwohl es absolut nicht uninteressant war, dank der anschaulichen Erzählweise von Herrn Kaku, beim Bau von superempfindlichen Detektoren, die den totalen Zerfall von Protonen aufzeichnen sollten und Atomzertrümmerer praktisch selbst anwesend zu sein, verzichte ich hier auf eine Wiedergabe all dessen. Wer also auf ausführlichste Erklärungen nicht verzichten kann, was die Quarks nun wirklich mit den Leptonen machen, und warum die Neutrinos doch nicht die kleinsten Teilchen im Universum sind, der wird nicht umhin kommen, dies wunderbare Buch selbst zu lesen.
Ich möchte lieber an der Stelle weitermachen, an der endlich die Themen zur Sprache kommen, die uns alle interessieren: Krümmung der Raum-Zeit und damit Reisen durch den Hyperraum, was nichts anderes heißt als Reisen durch Raum und Zeit. Bei diesem Stichwort fällt mir ein guter, alter Bekannter aus dem Buch ein: der Plattwurm Kolumbus. Herr Kaku hat ihn wohl zum besseren Verständnis von Raum-Zeit-Reisen erfunden, doch ich glaube es gibt ihn wirklich...

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Auf der Oberseite eines Apfels lebt ein Volk von winzig kleinen Plattwürmern. Natürlich ist für diese Würmer ihre Welt, die sie Apfelwelt nennen, vollkommen flach und zweidimensional und so benehmen sie sich auch. Doch unter ihnen lebt ein Revolutionär, der Wurm Kolumbus, der besessen ist von der Vorstellung, die Apfelwelt sei endlich und in etwas gekrümmt, was er dritte Dimension nennt. Dafür erfindet er sogar zwei neue Worte, die er „oben“ und „unten“ nennt, um die Bewegungen in dieser dritten Dimension zu beschreiben. Seine Freunde indes halten ihn für einen Narren. „Kolumbus, Du spinnst.“ sagen sie. Eines Tages aber macht sich Kolumbus auf eine lange mühsame Reise, auf der er immer nur geradeaus kriecht. Er kriecht und kriecht, verschwindet hinter dem Horizont und gelangt schließlich zu seinem Ausgangspunkt zurück. Da er immer nur geradeaus gekrochen war, beweist er damit, dass die Apfelwelt tatsächlich in einer unsichtbaren Dimension gekrümmt ist. Obwohl Kolumbus von seinen Reisen sehr erschöpft ist, entdeckt er, dass es noch weitere Möglichkeiten gibt, auf dem Apfel zu reisen. Wenn er sich in den Apfel gräbt, kann er einen Tunnel bohren und so eine bequeme Abkürzung zwischen zwei weit entfernten Punkten herstellen. Diese Tunnel nennt er Wurmlöcher. „g“ Seine bedeutendste Entdeckung jedoch, haut Kolumbus fast selbst vom Hocker: Seine Apfelwelt ist nicht die einzige im Universum, sondern nur ein Apfel in einem riesigen Apfelgarten. Es gibt noch hunderte, vielleicht tausende weitere Äpfel, manche mit Würmern, wie ihm selbst, manche ohne. Unter bestimmten Umständen, so mutmaßt er, müsste sogar eine Reise zwischen den verschiedenen Äpfeln des Obstgartens möglich sein...


-> Einstein's Geist

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